Schock für Mitarbeiter: Das Landesarbeitsgericht in Hamm hat entschieden, dass einer Angestellten wegen einer nicht erfassten Kaffeepause fristlos gekündigt werden durfte. Angestellte sind verunsichert. Können Fehler bei der Zeiterfassung den Job kosten?
Ein Blick auf das Urteil gibt Entwarnung, denn es handelt sich um eine Entscheidung, die auf einem wichtigen Detail basiert.
Ordentlich oder doch außerordentlich? Die Arten der Kündigung und ihre Bedeutung
Interessant ist, dass eine fristlose Kündigung seitens des Gerichts für rechtmäßig erklärt wurde, obwohl gemäß Arbeitsrecht sehr gute Gründe dafür vorliegen müssen. Die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts in Hamm hat damit für eine Überraschung gesorgt. Kündigung ist nicht gleich Kündigung. Das Arbeitsrecht unterscheidet sehr wohl, ob eine Kündigung ordentlich oder außerordentlich ausgesprochen wird. Der wesentliche Unterschied ist, dass bei einer außerordentlichen Kündigung ein „wichtiger Grund“ vorliegen muss. Dann brauchen Arbeitgeber die gesetzlichen Kündigungsfristen nicht einzuhalten und können sich fristlos vom Angestellten trennen. Sofern sich ein Angestellter so verhält, dass er dem Unternehmen oder dem Unternehmer schadet, dann liegt ein wichtiger Grund vor. Typische Beispiele sind Sachbeschädigungen, Arbeitsverweigerung, sog. Rufmord und Arbeitszeitbetrug. Doch was genau hat den Vorgesetzten bewegt, seiner Mitarbeiterin wegen einer 10-minütigen Kaffeepause direkt zu kündigen?
Die Ausgangssituation: Eine langjährige Angestellte, vergisst ihre Pause zu stempeln
Eine Mitarbeiterin, die als Raumpflegerin in einem Unternehmen mit Zeiterfassung beschäftigt wurde, hat sich morgens, pünktlich zu ihrem Dienst eingestempelt. Etwas später erklärte sie, dass sie in den Keller gehen würde. Stattdessen ging sie in das gegenüberliegende Café, um dort eine kurze 10-minütige Kaffeepause einzulegen. Problematisch ist, dass sie sich vergessen hat für die Pause auszustempeln, da sie ja die Räumlichkeiten zu diesem Zweck verlassen hat.
Zu ihrem Unglück wurde sie von ihrem Chef aus dem Auto heraus in dem Café beobachtet. Bei ihrer Rückkehr wurde sie durch ihn mit der gemachten Beobachtung konfrontiert. Angesprochen auf die fehlende Pause, hat sie den Besuch im Café geleugnet. Auf Nachfrage hin, stritt sie weiterhin ab, das Café besucht zu haben, sondern im Keller gewesen zu sein. Erst mit der Ankündigung, ein Beweisfoto vorlegen zu können, lenkte sie ein. Der Arbeitgeber hat sie daraufhin fristlos gekündigt.
Die Angestellte hat daraufhin gegen die Kündigung eine Klage beim Arbeitsgericht eingereicht, mit der Begründung, dass sie schlichtweg vergessen habe, die Pause zu erfassen. Aus ihrer Sicht sei die fristlose Kündigung wegen einer Kaffeepause nicht Anlass genug für eine fristlose Entlassung. Zudem sei sie seit acht Jahren betriebszugehörig und sie habe sich in der Zeit nichts zuschulden kommen lassen. Ihrer Auffassung nach wäre eine Abmahnung angemessen gewesen.
Doppelt hält besser: Die Abweisung der Klage wurde in zweiter Instanz bestätigt

Das Arbeitsgericht wies die Kündigungsschutzklage der Angestellten ab, woraufhin sie in die Berufung gegangen ist. Das Landesarbeitsgericht in Hamm hat das Urteil nun bestätigt. Die Begründung des Gerichts stützt sich auf die Argumentation, dass der Arbeitgeber darauf vertrauen können muss, dass die Zeiterfassung nicht missbraucht wird. In ihrem Handeln sieht das Gericht eine klare Pflichtverletzung. Der erforderliche wichtige Grund für eine fristlose Kündigung war aus Sicht des Gerichts vorliegend. Mit diesem Wissen könnte an dieser Stelle ein Schlussstrich gezogen werden, wäre da nicht noch das Detail, dass eine Auswirkung auf die Entscheidung hatte. Die Tatsache, dass die Angestellte vehement geleugnet hat, das Café aufgesucht zu haben, ginge mit einem irreparablen Vertrauensverhältnis einher. Ihr Verhalten deutete zudem darauf hin, dass von ihr beabsichtigt, die Kaffeepause vertuscht werden sollte. Das Verhalten nach der Tat wurde vom Gericht mit in die Betrachtung einbezogen und hat wesentlich zur Entscheidung beigetragen.
Fazit
Das als Kaffeepausen-Urteil in den Medien bekannt gewordene Fall zeigt, dass weder Arbeitgeber noch Arbeitnehmer wirklich sicher sein können: Angestellte haben auch zukünftig den Verlust des Arbeitsplatzes zu befürchten, sofern sie Arbeits- und Pausenzeiten nicht korrekt erfassen, und Arbeitszeiten bewusst manipulieren oder deren Verhalten darauf hindeutet. Es ist für die Praxis anzunehmen, dass bei einem schlichten „Vergessen“, zukünftig aber nur mit einer Abmahnung zu rechnen ist. Das Urteil öffnet Arbeitgebern also nicht die Türen, bei einem Fehlverhalten direkt auf eine Kündigung zurückgreifen zu können.
Ehrlichkeit und Transparenz bei der Zeiterfassung sind in jedem Fall für alle Beteiligten von großer Bedeutung.
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