Workation – Arbeiten am Traumstrand

Der Traum – Arbeiten, wo andere Urlaub machen

Die Füße im Sand, der Körper glänzt eingeölt in der Sonne und das Meeresrauschen ist eine wohltuende Hintergrunduntermalung. Eine lauwarme Brise streift den Hitze geplagten Körper und sorgt für eine kurze Erfrischung. Der Wecker im Kalender bimmelt erbarmungslos und erinnert an das nächste Meeting mit dem Büro. Die Kollegen, in mehrere Lagen gehüllt, frieren in der Heimat.

Auf dem viel zu kleinen Bildschirm befinden sich die Blicke der neugierigen Kollegen, die jetzt gerne tauschen würden. Nach einem peinlichen Austausch von Small Talk traut sich endlich der erste Kollege zu fragen: „Na wie geht es dir auf der Insel? Trinkst bestimmt den ganzen Tag nur Cocktails und liest deine E-Mails? Du kannst es gut haben!“

Klingt idyllisch: Die Meetings neben einem Cocktail am Strand absolvieren, ein paar E-Mails beantworten und in der Mittagspause in den erfrischenden Pool springen. Am Nachmittag ein paar Telefonate führen und schlussendlich pünktlich zum Abendbrot an das üppige Buffet gehen und es sich rundum gut gehen lassen. Abends noch einen Strandspaziergang und der „Stress“ ist vergessen. Doch ist Arbeiten im Paradies wirklich erstrebenswert?

Verweile doch, du bist schön! – das Urlaubsfeeling verlängern

Ich habe mich schon mehrfach dabei erwischt, dass ich an meinem letzten Abend im Urlaub dachte: „Morgen ist wieder alles vorbei.“ Die Bahnen sind überfüllt, auf jeder Teilstrecke steigt mindestens ein Zeitungsverkäufer ein, Fahrkartenkontrollen und Ersatzverkehr. Wäre doch toll, noch ein paar Tage länger zu bleiben! Was brauche ich denn schon? W-LAN, meinen Laptop, etwas Strom und ein Headset.

Wer diesen Gedanken ebenfalls hatte, ist nicht allein. Mit der Homeoffice-Pflicht und der ermüdend langen Urlaubsabstinenz ist der Wunsch nach etwas Abenteuer groß. Wer sich jetzt beim Lesen einen jungen Menschen mit einem Trekking-Rucksack in Australien vorgestellt hat, der liegt falsch. Bei den Rucksackreisenden handelt es sich oft um ein „Work and Travel“ bei dem die Reise mit Arbeit auf Farmen oder als Au-pair finanziert wird. Workation hingegen ist die bewusste Wahl, seinen Arbeitsplatz an einen paradiesischen Ort zu verlegen

Recherche in Foren und Social Media

Beispiel für einen Rucksacktouristen.
Beispiel für „Work an Travel“ im Ausland

In Foren zu dem Thema habe ich herausgelesen, dass beiden Modellen ein Motiv gemeinsam ist. Anhänger beider Gruppen wollen eine „Erfahrung“ machen. Das Austesten von eigenen Grenzen, also das Erleben einer neuen Kultur, ein Leben im Minimalismus oder auch meditative Gründe wie eine Selbstfindungsphase werden angeführt.

Was also sind die häufigsten Gründe, sich für das Modell der „Arbeitsferien“ zu entscheiden?

Meine Recherche hat ergeben, dass eines der führenden Argumente die Finanzen sind. Es ist vielen nicht möglich für mehrere Wochen oder sogar Monate im Ausland zu leben. Die finanzielle Doppelbelastung ist zu hoch und könnte zu ernsthaften existenziellen Problemen führen. Zudem ist nicht jeder Arbeitgeber gewillt und in der Lage, diesen „Traum“ finanziell zu unterstützen. Am Ende geht es mit einem kleinen Kredit oder einem straffen Finanzplan.

Andere wiederum haben nicht studiert, waren nie im Ausland und wollen sich sprachlich weiterbilden. Ganz konkret wird die Aufbesserung der Sprachkenntnisse als der häufigste Gründe angegeben. Wo sonst kann man sich besser üben, als bei einem Small Talk mit dem Verkäufer seines Vertrauens oder mit seinem Feriennachbarn?

Zwischen Edge und Wi-Fi

Bei der Vorstellung daran, sich morgens mit dem Laptop auf die Terrasse seiner Ferienwohnung zu setzen, mit Blick auf den Strand, lässt Fernweh aufkommen. Doch ist es wirklich so romantisch, wie es klingt? Erfahrungsberichten nach, kann das Arbeiten in den Ferien auch ein richtiger Stressor werden:

Schnell noch den Laptop angemacht, das Headset aufgesetzt und ab ins Morgenmeeting! Die Gesichter des Chefs und der Kollegen sind eingefroren, die Stimmen erklingen wie aus einer anderen Galaxie zugehörig und ganz nebenbei öffnet sich die vorbereitete Präsentation nicht. Keine Internetverbindung! Der Überlebensinstinkt übernimmt schleichend das Handeln: Mit dem Laptop wird jede Ecke nach einem W-LAN-Signal abgesucht, während der Akkustand bedrohlich nah dem Shutdown entgegengeht. Nachdem man das Signal gefunden hat und schlussendlich an dem Meeting teilnehmen kann, erntet man genervte Blicke.

So oder so ähnlich berichten Exil-Arbeiter darüber, wie die Realität aussehen kann. Nebst schlechter Internetverbindung kommen Kosten für Telefongespräche hinzu, Kommunikationstools funktionieren nicht richtig und Abstimmungen mit dem Büro sind wegen der Zeitverschiebung schwierig – die Arbeit bleibt liegen und muss am Ende des Tages doch hinten dran gehangen werden.

Fazit

Für wen genau sich die „Arbeitsferien“ am besten eignen, kann man nicht genau sagen. Es gibt bestimme Berufsgruppen, die aufgrund ihres ergebnisorientierten Arbeitens besonders infrage kommen. Allen voran werden Webdesigner, Vertriebler und Blogger genannt. Ich persönlich frage mich, wie Berufsgruppen eine Workation umsetzen wollen, die ortsbezogen arbeiten. Denn dazu habe ich während meiner Suche keine Informationen gefunden.

Der Begriff Workation ist auch nicht genau definiert, weswegen offen bleibt, ob allein das Arbeiten aus dem Paradies gemeint ist oder allgemein das Remote-Arbeiten weder aus dem Büro noch von zu Hause aus. Ich für meinen Teil überlege mir das mit der Workation noch einmal – während meine Suchanfrage “Ferienanlage an der Ostsee” bereits läuft.

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